I. Abschnitt

Überall auf der Welt und auch in Deutschland erleben wir das Erstarken autoritärer
und anti-demokratischer Kräfte. Vor diesem Hintergrund bekennt sich die Koalition
zur herausgehobenen historischen Verantwortung Berlins, gewachsen aus der leid-
und wechselvollen Historie der Stadt, und handelt im Bewusstsein dieser
Verantwortung.

Berlin war die Hauptstadt des Kaiserreiches und damit Mittelpunkt kolonialer
Großmachtträume. Der aggressive Kampf um geopolitischen Einfluss und
Ressourcen führte von Berlin aus in den Ersten Weltkrieg. Als Hauptstadt der
Weimarer Republik wurde Berlin zum umkämpften Experimentierfeld der jungen
deutschen Demokratie. In der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur hat
Deutschland von Berlin aus den Zweiten Weltkrieg entfesselt, der unermessliches
Leid über die Welt brachte und in Richtung Osten als Vernichtungskrieg geführt
wurde. In Berlin wurde der Holocaust, die Vernichtung der europäischen Juden,
geplant und ins Werk gesetzt und ein beispiellose Terror gegenüber
Andersdenkenden, Andersgläubigen und Anderslebenden

Die Koalition wird der Mahnung an dieses Kapitel deutscher Geschichte großen
Stellenwert einräumen. Die Orte der Täter und der Opfer sind wichtiger Bestandteil
der Erinnerungskultur, die es zu erhalten und weiterzuentwickeln gilt.

Berlin war auch die geteilte Stadt im Kalten Krieg. Hier stand die von der SED-
Führung errichtete Mauer als Manifestation der Teilung Deutschlands. Die
Überwindung der Mauer und das Ende des Unrechts der SED-Diktatur durch die
Bürgerrechtsbewegung, die friedliche Revolution der DDR-Bevölkerung und die
Wiedervereinigung Berlins und Deutschlands bleiben große Momente unserer
demokratischen Geschichte.

Für die Koalition ist die Aufarbeitung der jüngeren deutschen und Berliner
Geschichte nicht beendet. Wir werden das Gedenken an diese wechselvolle
Geschichte unserer Stadt wachhalten – auch durch unseren Einsatz gegen die
Engstirnigen und Ewiggestrigen. Die Koalition bekennt sich zu einem vielfältigen
Engagement gegen demokratie- und freiheitsbedrohende Aktivitäten, gegen
autoritäres Denken und verklärenden Geschichtsrevisionismus. Für eine neue
Gedenkkultur suchen wir den Dialog mit Opfergruppen, stärken das Thema in der
politischen Bildung und werden die Entwicklung der ehemaligen Stasi-Zentrale in der
Normannenstraße zu einem Lernort für Demokratie unterstützen.

Unsere Verpflichtung erwächst auch aus der Rolle Berlins als Hauptstadt
Deutschlands. Wir werden in der wir der Bundesrepublik, den deutschen Ländern
und der internationalen Gemeinschaft weiterhin ein guter und verlässlicher Partner
sein. Berlin will nicht nur zur Repräsentation nach außen beitragen, sondern auch
selbstbewusst auf nationaler und internationaler Ebene Deutschland kulturell und
geistig prägen: Die Metropole Berlin ist weltweit Botschafterin eines friedlichen und
weltoffenen Deutschlands.