Integration braucht ein gesichertes Aufenthaltsrecht. Hierzu sollen die
bundesrechtlichen Vorschriften des Aufenthalts- und Asylrechts im landesrechtlichen
Vollzug so ausgelegt und angewendet werden, dass sie die Integration erleichtern
und Bleibeperspektiven auch in bislang ungelösten Fällen ermöglichen. Die Koalition
wird die bestehenden aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten für die Legalisierung,
Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsrechten nach humanitären
Gesichtspunkten auszuschöpfen.
Eine Expertinnenkommission unter dem Vorsitz der/des zuständigen Senators/der
Senatorin wird einberufen, die Empfehlungen für die Überarbeitung der
Verfahrenshinweise der Ausländerbehörde Berlin (VAB) erarbeitet. In diese
Kommission werden insbesondere Personen vom Berliner Flüchtlingsrat,
Vertreterinnen von Migrant*nnenorganisationen, Liga der Wohlfahrtsverbände und
Gewerkschaften, der Härtefallkommission und aus den Anwaltsvereinen, die über
Fachkenntnisse und Erfahrung im Migrationsrecht verfügen, entsandt, unter
Hinzuziehung der jeweils zuständigen Verwaltung.
Die Koalition wird die Freizügigkeit innerhalb Berlins sichern und im Rahmen der
bundesrechtlichen Regelungen auf die rückwirkende Anwendung der
Wohnsitzverpflichtung für nach Berlin Zugezogene verzichten. Probleme bei der
Anmeldung bei den zuständigen Behörden im Land Berlin werden nicht zu Lasten
der betroffenen Personen ausgelegt. Die Koalition wird Familienzusammenführungen
im Rahmen der rechtlichen Regelungen unterstützen. Dies gilt auch für
Familienzusammenführungen jenseits der Kernfamilie.
Die Koalition wird die Härtefallkommissionsverordnung in Rückkoppelung mit den
Mitgliedern der Härtefallkommission überarbeiten. Die Koalition stärkt die Arbeit der
Härtefallkommission. Die Verfahrensweise und Entscheidungspraxis der zuständigen
obersten Landesbehörde werden für die Mitglieder der Härtefallkommission
transparent gestaltet. Dem jeweiligen Mitglied der Härtefallkommission werden die
Gründe für eine vom Ersuchen der Kommission abweichende Entscheidung
mitgeteilt. Ausnahmen vom in § 23a Absatz 1 Satz 3 Aufenthaltsgesetz geregelten
Ausschluss vom Verfahren sind zur Vermeidung von besonderen Härten großzügig
zuzulassen. Wohlwollende Ausnahmeregelungen werden in der neuen Här-
tefallkommissionsverordnung unter Einbeziehung der Mitglieder der Härtefallkommis-
sion festgelegt.
Bezogen auf die Beendigung des Aufenthaltes will die Koalition einen
Paradigmenwechsel. An die Stelle einer reinen Abschiebepolitik soll die Förderung
einer unterstützten Rückkehr treten. Dafür wird die Koalition bestehende Programme
mehr als bisher nutzen und bei Bedarf durch ein Landesprogramm verstärken.
Direktabschiebungen aus Schulen, Jugendeinrichtungen und Krankenhäusern sowie
die Trennung von Familien bei Abschiebungen und Rückführungen in Regionen, in
die Rückführungen aus humanitären Gründen nicht tragbar sind, wird es nicht mehr
geben. Die Koalition wird die Position des Abschiebebeobachters stärken und im
Zusammenhang mit dem Abschiebeforum Transparenz durch einen jährlichen
öffentlichen Bericht herstellen. Der Anspruch auf anwaltliche Betreuung und
Begleitung gilt auch während der Vollstreckung aufenthaltsbeendender Maßnahmen.
Die Koalition hält Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam grundsätzlich für
unangemessene Maßnahmen und wird sich deshalb auf Bundesebene für deren
Abschaffung einsetzen. Die Koalition strebt auf Bundesebene zudem eine
Erleichterung der Gewährung eines humanitären, alters- und stichtagsunabhängigen
Bleiberechts für langjährig Geduldete an und wird sich für die Abschaffung des
Flughafenverfahrens einsetzen.